Geänderte Rechtsprechung: Massenentlassungs-Anzeige vor Kündigung

Wollen Sie Massenentlassungen vornehmen - dafür genügen in Betrieben mit über 20 und unter 60 Arbeitnehmern 5 Entlassungen innerhalb von 30 Tagen - müssen Sie das vorher der Arbeitsagentur schriftlich anzeigen (Paragraph 17 Kündigungsschutzgesetz).

Entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung hat das Bundesarbeitsgericht nun erstmals entschieden: "Vorher" heißt vor der Kündigungserklärung und nicht vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Es hat sich damit der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) angeschlossen (BAG, 23.3.2006, 2 AZR 343/05).  

Das bedeutet für Sie: Auf die bisher empfohlene doppelte Anzeige – nämlich vor Anspruch und vor Wirksamwerden der Kündigung – können Sie ab sofort verzichten. Die Anzeige vor der Kündigungserklärung genügt.

Tipp 1: Stimmen Sie Ihre Anzeige möglichst frühzeitig mit der Arbeitsagentur ab. Denn das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in seiner Entscheidung ausdrücklich offen gelassen, welche Konsequenzen eine fehlende oder fehlerhafte Anzeige hat.

Nach alter Rechtsprechung führten solche Mängel zwangsläufig zur Unwirksamkeit der Kündigung. Auf Grundlage der neuen Rechtsprechung führen sie möglicherweise nur dazu, dass Sie die Entlassung noch nicht vollziehen können.

Tipp 2: Für die vor dem 27.1.2005 (Datum des EuGH-Urteils) erfolgten Massenentlassungen genügt es, wenn Sie die Anzeige vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgenommen haben. Sie genießen hier Vertrauensschutz, obwohl dies von einigen Landesarbeitsgerichten bestritten wurde.