Ständige Mehrarbeit kann zu einem Vollzeitvertrag führen

Beschäftigen Sie eine Teilzeitkraft und leistet diese über einen längeren Zeitraum hinweg mit Ihrem Einverständnis bzw. auf Ihren Wunsch hin ständige Mehrarbeit, kann darin unter Umständen eine stillschweigende Vertragsänderung gesehen werden. Die Folge der ständigen Mehrarbeit: Sie beschäftigen plötzlich statt einer Teilzeit- eine Vollzeitkraft.
Ständige Mehrarbeit vor Gericht
Wie oben beschrieben erging es einer Arbeitgeberin vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urteil vom 04. Mai 2006, Az.: 8 Sa 2046/05).
Mitarbeiterin wurde zur Vollzeitkraft
28,5 Stunden pro Woche sah der Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin eigentlich vor. Tatsächlich arbeitete sie aber über ein Jahr hinweg erheblich mehr, nämlich im Umfang einer Vollzeitkraft. Als die Arbeitgeberin sie schließlich wieder 28,5 Stunden pro Woche beschäftigte, zog die Mitarbeiterin vor Gericht.
Sie verlangte sowohl weiterhin die Bezahlung als auch die Beschäftigung einer Vollzeitkraft. Das LAG Hamm gab ihr Recht.
Die Begründung des Gerichts:
  1. Wird ständig und über längere Zeit eine bestimmte erhöhte Arbeitszeit vom Arbeitgeber abgerufen und vom Mitarbeiter geleistet, sind das keine Überstunden. Es handelt sich um die tatsächlich geschuldete vertragliche Leistung.
  2. Maßgeblich ist dann nicht der Text im Arbeitsvertrag, sondern der wirkliche Willen der Parteien, der im "gelebten" Rechtsverhältnis zum Ausdruck kommt.
  3. Daher muss hier von einer stillschweigenden Neuregelung des Arbeitsvertrags ausgegangen werden. Der Umfang der stillschweigend vereinbarten Arbeitszeit ergibt sich aus den praktizierten Arbeitszeiten der vergangenen Jahre.
Wie Sie eine Vertragsänderung verhindern
Ändert sich der Vertrag einer Teilzeitkraft stillschweigend, können Sie die Änderung nicht einfach einseitig wieder aufheben.
Die Arbeitszeitänderung kann vielmehr nur mit Hilfe einer Änderungskündigung (bei der Sie den Kündigungsschutz beachten müssen, falls dieser für den Mitarbeiter gilt) oder mit dem Einverständnis des Mitarbeiters rückgängig gemacht werden.
Wichtig ist es daher, Arbeitszeitänderungen, die Sie nicht wünschen, von vornherein zu verhindern. Nicht von einer vertraglich geänderten Arbeitszeit, sondern von Überstunden können Sie immer dann ausgehen, wenn erhöhter Arbeitsanfall nur gelegentlich durch eine durch nicht geplante Umstände verursachte Bedarfssituation ausgelöst wurde.
Überstunden führen nicht zur Änderung des Arbeitsvertrags. Teilen Sie Teilzeitkräften daher nur zu solcher Mehrarbeit ein. Das darf dann auch ohne Konsequenzen häufig und über einen langen Zeitraum geschehen.