Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag kann nicht widerrufen werden

Darf Ihr Arbeitnehmer, der mit Ihnen einen Arbeits- oder Aufhebungsvertrag abgeschlossen hat, diesen – wie einen Vertrag, der an der Haustür abgeschlossen worden ist – widerrufen? Die Antwort auf diese derzeit unter Juristen recht kontrovers diskutierte Frage hängt davon ab, ob man Ihren Arbeitnehmer als "Verbraucher" (§ 13 BGB) ansieht.
Denn ein Verbraucher hat nach § 312 BGB (wo jetzt das Haustürwiderrufsrecht geregelt ist) ein Widerrufsrecht hinsichtlich solcher Verträge, die er an seinem Arbeitsplatz abgeschlossen hat. Hiervon wären also alle in Ihrer Firma abgeschlossenen Arbeits- und Aufhebungsverträge betroffen.

Ihr Arbeitnehmer könnte möglicherweise dann noch nach Jahren einen Vertragsschluss widerrufen und Vergütungsforderungen geltend machen, wenn Sie ihn über die Widerrufsmöglichkeit nicht informiert haben.

Bisher gibt es zu dieser Frage kaum Rechtsprechung. Jetzt musste das Arbeitsgericht in Weiden eine Antwort finden:

Der Arbeitsvertrag einer Finanzbuchhalterin sah eine Kündigungsfrist von sechs Monaten vor. Und für den Fall der vertragswidrigen Beendigung der Tätigkeit war eine Vertragsstrafe vorgesehen. Die Mitarbeiterin fing nach einiger Zeit an, an ihrem Arbeitsplatz unter Phobien zu leiden. Auf Anraten ihres Arztes kündigte sie deshalb das Arbeitsverhältnis. Bei ihrem Kündigungsschreiben legte sie lediglich eine Kündigungsfrist von sechs Wochen zugrunde.

Als der Arbeitgeber sie auf die vertragliche Kündigungsfrist hinwies, kündigte sie außerordentlich zu ihrem Wunschtermin. Ihr Arbeitgeber sah hierin eine vertragswidrige Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Er forderte daher die vereinbarte Vertragsstrafe ein.

Die Mitarbeiterin machte hiergegen geltend, dass sie den Arbeitsvertrag bereits widerrufen habe und somit die Vertragsstrafenregelung gar nicht zur Anwendung komme.

Die Weidener Arbeitsrichter lehnten das von der Mitarbeiterin geltend gemachte Widerrufsrecht allerdings ab. Als Arbeitnehmerin sei sie keine Verbraucherin. Daher stehe ihr das für Verbraucher existierende Haustürwiderrufsrecht auch nicht zu. Dieses Widerrufsrecht sei nach dem Sinn der gesetzlichen Vorschriften lediglich für Bürger konzipiert, die sich Verbrauchsgüter beschafften.

Eine Ausweitung auf Arbeitnehmer sei nach Einschätzung des Gerichts vom Gesetzgeber nicht gewollt gewesen. Die Vertragsstrafe müsse die Mitarbeiterin allerdings dennoch nicht zahlen, weil sie nicht schuldhaft gehandelt habe. Denn die Mitarbeiterin habe auf Grund der ärztlichen Empfehlung gekündigt. Die Geltendmachung einer Vertragsstrafe setze aber ein schuldhaftes Verhalten des Vertragspartners voraus.

Dieses sehr wichtige Urteil bringt für Sie – vorerst – erhebliche Rechtssicherheit: Denn sähe die Rechtsprechung Arbeitnehmer als Verbraucher an, könnten Ihre jetzigen, aber auch früheren Mitarbeiter alle Verträge, die sie seit dem 01.01.2002 am Arbeitsplatz mit Ihnen geschlossen haben, widerrufen. Das hätte für Sie ohne Zweifel große Schwierigkeiten zur Folge.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die Rechtsauffassung des Arbeitsgerichts Weiden auch bei anderen, insbesondere höheren Gerichten durchsetzen wird. Tipp: Wollen Sie absolut auf Nummer sicher gehen, geben Sie dem Bewerber den Vertrag mit nach Hause. Lassen Sie ihn sich unterschrieben wieder zurückschicken.

Soll es schneller gehen, schließen Sie Arbeitsverträge mit Stellenbewerbern oder sonstige Verträge mit Ihren Arbeitnehmern außerhalb Ihres Betriebs, etwa in einer nahe gelegenen Gaststätte ab. Das wirkt zwar etwas kurios, aber so entziehen Sie einem Widerrufsrecht in jedem Fall den Boden.