Wann Sie Arbeitnehmer nach einer Schwerbehinderung fragen dürfen

Sie wissen, dass Sie zur Kündigung von Schwerbehinderten die Zustimmung des Integrationsamts benötigen. Sie wissen auch, dass Sie während des Einstellungsverfahrens nicht nach der Schwerbehinderung fragen dürfen. Aber wissen Sie auch, was während des Arbeitsverhältnisses gilt? Das Bundesarbeitsgericht hat hierzu für Klarheit gesorgt.

Keine Frage nach Schwerbehinderung während des Einstellungsverfahrens

Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Zulässigkeit der Frage nach einer Schwerbehinderung hat sich in der Vergangenheit immer mal geändert. Bis zum Inkrafttreten des allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) hielt das BAG die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft für zulässig. Seit dem AGG dürfen Sie diese Frage allerdings im Einstellungsverfahren nicht mehr stellen.

Der Fall des Bundesarbeitsgerichts

Etwas anders war allerdings die Sachlage in dem Fall, den das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 16. 2. 2012 (6 AZR 553/10) zu entscheiden hatte. Hier ging es nicht um die Frage nach der Schwerbehinderteneigenschaft vor der Einstellung. Vielmehr hat ein Arbeitgeber einen seiner bereits eingestellten Arbeitnehmer einen Fragebogen zur Vervollständigung der Sozialdaten vorgelegt. Wahrheitswidrig verschwieg der Arbeitnehmer hier seinen Schwerbehindertenstatus.

Als der Insolvenzverwalter über das Vermögen des Arbeitgebers kurz danach den Mitarbeiter betriebsbedingt kündigte, erhob dieser Kündigungsschutzklage. Seine Schwerbehinderung legte er mit der Klageschrift offen. Er hielt die Kündigung wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamtes für unwirksam.

In letzter Instanz verneinte das Bundesarbeitsgericht den Sonderkündigungsschutz als Schwerbehinderter. Wenn der Arbeitnehmer erst bewusst wahrheitswidrige Angaben macht, so kann er sich unter dem Gesichtspunkt des widersprüchlichen Verhaltens nicht später im Prozess auf die Schwerbehinderung berufen.

Wann Sie nach der Schwerbehinderteneigenschaft fragen dürfen

Das Bundesarbeitsgericht hat festgestellt, dass Sie sich als Arbeitgeber über die für die Sozialauswahl relevanten Daten und einen etwa bestehenden Sonderkündigungsschutz informieren dürfen. Nur dadurch sind Sie in der Lage, sich rechtstreu zu verhalten. Dies ist nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts weder eine Diskriminierung behinderter Arbeitnehmer noch gibt es datenschutzrechtliche Belange, die die Frage im bestehenden Arbeitsverhältnis untersagen.

Beachten Sie diese Einschränkung

Das Bundesarbeitsgericht hat sich mit einem Fall zu beschäftigen, in dem die Kündigung vorbereitet wurde. Übertragen Sie diese Grundsätze besser nicht auf eine Situation, in der Sie eine Kündigung nicht konkret vorbereiten. Denn es besteht die große Gefahr, dass die Arbeitsgerichte eine vorbeugende Befragung der Mitarbeiter ohne Vorbereitung der Kündigung für unzulässig halten.

Denn dann brauchen Sie die Information nicht. Und auch, wenn der Mitarbeiter noch keine sechs Monate bei Ihnen ununterbrochen beschäftigt ist, dürfte die Frage unzulässig sein. Denn dann besteht noch kein Sonderkündigungsschutz (§ 90 SGB IX).