Dieses Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat bei Krankengesprächen

Insbesondere, wenn Mitarbeiter nach langer Krankheit zurückkehren, führen viele Arbeitgeber Krankengespräche mit ihnen. Dabei geht es darum, die Ursachen für die Erkrankung, die Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis und ggfs. notwendige Änderungen am Arbeitsplatz zu besprechen. Als Arbeitgeber sind Sie bei Krankengesprächen aber nicht völlig frei, der Betriebsrat hat ein Mitbestimmungsrecht. (Stand November 2014)

Das ergibt sich aus einer neuen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts München vom 13.2.2014 (3 TaBV 84/13).

An- und Abwesenheitslisten

In einem Unternehmen wurden für jeden Arbeitnehmer An- und Abwesenheitslisten geführt. In diese wurden handschriftlich für jeden einzelnen Arbeitstag eingetragen, ob ein Mitarbeiter gearbeitet hat, welche Arbeitszeiten er absolviert hat, ob er Urlaub hatte oder ob er wegen Krankheit fehlte. 

Das Formular wurde von einem bestimmten Mitarbeiter ausgefüllt. Die Filialleitung hielt es unter Verschluss. Der Betriebsrat hielt das Führen dieser Listen für mitbestimmungspflichtig. Das gleiche galt für die von dem Arbeitgeber durchgeführten "Welcome-Back-Gespräche". Solche Gespräche führte der Arbeitgeber u.a. bei Mitarbeitern mit auffälligen oder besonders hohen Ausfallzeiten oder nach krankheitsbedingter Abwesenheit.

Das Landesarbeitsgericht München gab dem Betriebsrat nur teilweise recht, nämlich in Hinblick auf die "Welcome-Back-Gespräche" (Krankengespräche). In Hinblick auf die An- und Abwesenheitslisten verlor der Betriebsrat.

Arbeitgeber wählte nach abstrakten Regeln aus

Das Mitbestimmungsrecht leitete das Gericht aus § 87 Abs. 1 Nummer 1 Betriebsverfassungsgesetz ab. Ausschlaggebend war, dass der Arbeitgeber die Mitarbeiter, mit denen solche Gespräche geführt wurden, nach abstrakten Regeln auswählte. Der Arbeitgeber wollte mit den Krankengesprächen Informationen über die Krankheitsursachen erhalten. Er hielt dies für die Beseitigung von arbeitsplatzspezifischen Einflüssen für notwendig.

Daneben konnten die Erkenntnisse aus solchen Gesprächen aber auch zur Vorbereitung individueller Einzelmaßnahmen bezogen auf einzelne Arbeitnehmer dienen. Hierzu zielte gegebenenfalls auch die Vorbereitung einer krankheitsbedingten Kündigung.

Einzelfallbezogene Gespräche

Die Richter stellten weiter klar, dass auch einzelfallbezogene Gespräche dem Mitbestimmungsrecht unterliegen könnten. Dies ist dann der Fall, wenn die Arbeitnehmer willkürlich ausgewählt würden. Denn dann könne es sein, dass einzelne Mitarbeiter bereits nach einer kurzen Arbeitsunfähigkeit im Krankengespräch in Erklärungsnot kommen könnten, während andere Mitarbeiter, die länger krank sind, solche Gespräche nicht führen müssen.

Nach Ansicht des Gerichts würde eine solche Praxis dem Gerechtigkeitsgedanken widersprechen, der als Grundprinzip § 87 Abs. 1 Betriebsverfassungsgesetz zu Grunde liegt.

Tipp für Arbeitgeber

Unabhängig von dieser Entscheidung kann es durchaus sinnvoll sein, den Betriebsrat bei der Vorbereitung und Gestaltung von Krankengesprächen zu beteiligen. Spätestens, wenn es um eine individuelle Kündigung eines in der Vergangenheit erkrankten Mitarbeiters geht, ist der Betriebsrat nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz ohnehin anzuhören. Die Mitwirkung des Betriebsrates an der Vorbereitung und Gestaltung von Krankengesprächen kann deren Akzeptanz bei den Mitarbeitern erhöhen.