893.000 € Schmerzensgeld wegen Mobbing – ist das angemessen?

Kein Verständnis hatten Richter für die Forderung nach einem Rekordschmerzensgeld wegen angeblichem Mobbings. Eine Mitarbeiterin forderte 893.000 € Schmerzensgeld von ihrem Arbeitgeber, weil sie seit 2008 Schikanen ausgesetzt sei, die Mobbing gleich kämen. Allerdings konnte sie die notwendigen systematischen Schikanen nicht nachweisen und scheiterte deshalb mit ihrer Klage.

Für große Erleichterung dürften die Richter am Landesarbeitsgericht Düsseldorf bei einem Arbeitgeber gesorgt haben. Denn dieser war von einer Mitarbeiterin auf Schmerzensgeld wegen Mobbing in Höhe von 893.000 € verklagt worden. Die LAG-Richter bestätigten das Urteil des Arbeitsgerichts, die Mitarbeiterin scheiterte mit ihrer Forderung (LAG Düsseldorf, Az.: 17 Sa 602/12).

Nicht jede Kritik ist Mobbing

Auslöser der Schmerzensgeldforderung war wohl eine Kündigung wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs. Hierzu kam es, weil der Arbeitgeber Unterschiede zwischen den Arbeitszeitaufzeichnungen der Mitarbeiterin und den Anwesenheitszeiten festgestellt hatte. Nach Beweisaufnahme wurde die Kündigung als unwirksam betrachtet.

Anschließend war die Arbeitnehmerin vorübergehend räumlich getrennt für einen Prüfauftrag eingesetzt worden. Der Arbeitgeber hatte auch Schulungswünsche der Mitarbeiterin abgelehnt. Dies geschah, weil das Fortbildungsbudget erheblich überschritten war. Von ihr wurde die Führung eines Abwesenheitsbuches verlangt. Allerdings betraf diese Forderung nicht nur die Mitarbeiterin, sondern alle Mitarbeiter des Revisionsdienstes, zu denen auch die klagende Mitarbeiterin gehörte.

Auch erfolgte die Forderung nach der Führung des Abwesenheitsbuches mit Zustimmung des Personalrates. Der Vorgesetzte weigerte sich wegen der bestehenden Konfliktsituation auch, ein Vier-Augen-Gespräch mit der Mitarbeiterin zu führen und verlangte die Teilnahme einer dritten Person. Nicht unberücksichtigt ließ das LAG schließlich, dass die Mitarbeiterin eine Mediation zur Lösung des Konflikts davon abhängig machte, dass der Arbeitgeber vorher die Mobbingvorwürfe gegen die Vorgesetzten eingestand.

In allen diesen Maßnahmen und Ereignissen sahen die Richter aber noch keinen Mobbing-Vorwurf. Denn von Mobbing könne erst gesprochen werden, wenn ein Mitarbeiter systematisch schikaniert, diskriminiert oder angefeindet werde. Erforderlich ist ein Gesamtplan, nicht so sehr einzelne Ereignisse. Für das systematische schikanöse oder diskriminierende Behandeln ist der
klagende Mitarbeiter darlegungs- und beweispflichtig. Diesen Beweis hat die Mitarbeiterin aber nach Ansicht der Richter nicht geführt.

Kritik ist erlaubt und noch kein Mobbing

Für die einzelnen Maßnahmen sahen die Richter durchaus sachliche Gründe. Sie betonten auch, dass auch länger dauernde Konfliktsituationen in Arbeitsverhältnissen vorkommen. Auch dürfe der Arbeitgeber sein Direktionsrecht auszuüben, solange sich darin nicht eindeutig eine schikanöse Tendenz erkennen lasse.

Und schließlich berücksichtigten die Richter auch, dass Verhaltensweisen von Vorgesetzten nur Reaktionen auf Provokationen des Mitarbeiters darstellen können. Nicht jede berechtigte oder überzogene Kritik durch den Arbeitgeber stelle immer gleich eine Persönlichkeitsverletzung dar, die zu einem Schmerzensgeldanspruch führe

Nehmen Sie Mobbing-Vorwürfe ernst

Auch, wenn die Richter in dieser Entscheidung einmal wieder klargestellt haben, dass nicht jede Kritik gleich Mobbing ist, sollten Sie doch auf Mobbing Vorwürfe seitens der Mitarbeiter reagieren. Denn es gibt auch durchaus Fälle, in denen Arbeitnehmern ein Schmerzensgeld zugesprochen wurde. So hat zum Beispiel das Arbeitsgericht Siegburg im Urteil vom 11. Oktober 2012, Aktenzeichen: 1 Ca 1310/12, einem IT-Bereichsleiter ein Schmerzensgeld in Höhe von 7.000 € zugewiesen.                             

Verurteilt wurden sowohl der Arbeitgeber als auch der unmittelbare Vorgesetzte als Gesamtschuldner. Hintergrund war, dass der Mitarbeiter zunächst mehrfach darauf hingewiesen hatte, dass er nicht ausgelastet sei. Der Arbeitgeber wies ihm dann nicht etwa Aufgaben zu, sondern verlangte von ihm die Formulierung von Arbeitsberichten und wies ihn an, EDV-Schrott zu sortieren. In der Folge eskalierte der Arbeitsplatzkonflikt immer weiter.

Das Gericht ging davon aus, dass die Handlungen des unmittelbaren Vorgesetzten systematisch die Ausgrenzung des Arbeitnehmers bewirken sollten und auch dem Arbeitgeber zuzurechnen sind. Sie suggerierten dem Arbeitnehmer, er sei fachlich und persönlich ungeeignet. Dies führte zu dem Schmerzensgeldanspruch.