Personalentwicklung – Kann man aus „Fehlern“ lernen?

Eine unternehmensstrategische Frage von hoher Bedeutung für das Unternehmen, aber auch für deren Mitarbeiter ist, ob aus "Fehlern" gelernt werden könne. Dabei stößt man schon auf die anfängliche Schwierigkeit, den Begriff "Fehler" nicht angemessen operationalisieren zu können, ohne dass negative Konnotationen bei den Mitarbeitern mitspielen.

Kann man aus "Fehlern" lernen? Diese Frage ist in letzter Zeit öfter auf Foren und öffentlichen Veranstaltungen zu hören und wird – auch angesichts der Finanzkrise – heiss und inbrünstig bei den Mitarbeitern diskutiert.

Aber führt nicht schon allein das Wort Fehler auf Abwege? Fehler sind häufig negativ konnotiert. Fehler werden mit Misslingen und Karriereeinstürzen verbunden. In Deutschland werden "Fehler" eher kaschiert, als offen dargelegt.

Der Begriff Fehler – als Gegensatz von Falschem und Richtigem – kann auch nicht immer klar und deutlich auseinander gehalten werden. Was gestern noch richtig war, kann morgen schon als falsch angesehen werden. Der Erfindungsreichtum bei der Konzeptionierung neuer riskoreicher Anlageprodukte im Bankwesen galt zeitweilig als richtig und modern, heute als falsch und krisenerzeugend.

Der gewinnmaximierende Manager von gestern gilt heute als amoralisch.  Damit wird aber auch schon deutlich, dass von den Unternehmen eine hohe Eigenreflexität erwartet wird, will es auf neue ökonomische und politische Ereignisse bei den gesetzliche Rahmenbedingungen, bei der Kundennachfrage oder im Produktionsprozess schnell und zügig reagieren.

Aber auch der Begriff "Fehlerkultur" führt meines Erachtens zu einer Überstilisierung; schließlich gilt es letztendlich doch, Fehlentscheidungen zu vermeiden. Diesen guten Sinn zeigen auch sehr unterschiedliche Qualitätsmanagementsysteme in der Produktion oder in der Pflege. Aber auch sie müssen sich hinsichtlich ihrer Veränderbarkeit und Reaktionsfähigkeit prüfen lassen.   

Leichter und neutraler mit dem Fehlerbegriff umzugehen, tun sich systemorientierte Ansätze im Kontext der lernenden Organisation. Sie sprechen bewusst nicht von Fehlern, sondern von Störungen oder Irritationen. Sie geben dadurch einen neutralen Raum, um z.B. ärzliche oder pflegerische "Fehler" auch aus der Sicht der Schichtorganisation beurteilen zu können. In einem solchen Fall würde es nicht zu einer "Fehlerzuschreibung" einer einzelnen Person kommen, sondern bei einer lernoffenen Organisation z.B. zu Umstellungen der Personalpläne und der Ablauforganisation.

Gerade Unternehmen mit ausreichender Organisationskomplexität haben es in Krisen leichter, auf turbulente Unternehmen zu reagieren. Gerade darin liegt auch die Aufgabe von Personalentwicklung und beruflicher Weiterbildung, die ausreichenden Kompetenzen der Mitarbeiter zu fördern, aber auch die Strukturen so variabel zu gestalten, dass auch das Erlernte wieder produktiv in das Unternehmen zurückfließen kann und nicht versickert.

Auf dieses hohe Risko der mangelhaften Kompatibilität und Nichtnutzung des Wissens der Mitarbeiter hat bereits der Wirtschafts -und Sozialwissenschaftler Pete Senge vor 15 Jahren mit dem Satz "Der Mensch kann unentwegt etwas lernen, ohne dass das Unternehmen etwas lernt" hingewiesen.