Krankheit, Urlaub, Elternzeit: Sollten Ausfallzeiten im Arbeitszeugnis erwähnt werden?

Inwieweit Ausfallzeiten (Fehlzeiten) im Arbeitszeugnis zu erwähnen sind, ist immer wieder Anlass für Streit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Der Arbeitgeber sieht sich unter dem Punkt der Wahrheitspflicht gern veranlasst, Ausfallzeiten ins Arbeitszeugnis aufzunehmen. Der Arbeitnehmer möchte längere Ausfallzeiten nicht erwähnt sehen, um seine kontinuierliche berufliche Kompetenz nicht zu gefährden.

Das Arbeitszeugnis im Bezug zur rechtlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses
Ein Arbeitszeugnis ist grundsätzlich über die gesamte Dauer des rechtlichen Bestandes eines Arbeitsverhältnisses auszustellen. Das rechtliche Arbeitsverhältnis besteht ab dem Datum, das im Arbeitsvertrag mit "Beginn des Arbeitsverhältnisses“ genannt ist (das muss nicht zwangsläufig der erste Arbeitstag sein). Es endet in der Regel mit dem letzten Tag der Kündigungsfrist, einem Fristablauf bzw. dem Tag einer vereinbarten Vertragsauflösung.

Stellen Sie als Arbeitgeber einen Arbeitnehmer ab einem beliebigen Tag von der Arbeit frei, ist dieser Tag nicht zwangsläufig mit dem letzten Tag des rechtlichen Arbeitsverhältnisses gleichzusetzen.

Unterbrechung (Ausfallzeit) während des Arbeitsverhältnisses
Wollen Sie Unterbrechungen während eines Arbeitsverhältnisses (auch Ausfallzeit genannt) im Arbeitszeugnis erwähnen, müssen Sie sehr vorsichtig sein und genau abwägen, welche Situation vorlag und benannt werden darf und mit welchem Wortlaut.

Hier einige Beispiele für mögliche Arten von Ausfallzeiten:

unwesentliche (unbeachtliche) werden nicht erwähnt

wesentliche (beachtliche) können unter bestimmten Voraussetzungen erwähnt werden

regelmäßige gesetzliche Feiertage

Wehr- und Zivildienstzeiten

Urlaub

Freiheitsstrafen außer wenn sie mit dem Arbeitsverhältnis direkt in Verbindung stehen

Beteiligung an Streik, Zeiten von Aussperrung

Krankheitsbedingte Fehlzeiten ohne Entgeltfortzahlung bzw. über 12 Wochen hinaus

Kurzarbeit und deren Dauer

Elternzeit

 

Berufung als Arbeitnehmervertreter in den Aufsichtsrat

 

Freistellung als Betriebs- bzw. Personalrat

Sie können sich an folgende Faustregel halten: Eine Unterbrechung der Arbeitsleistung (Fehlzeit, Ausfallzeit) dürfen Sie im Arbeitszeugnis dann erwähnen, wenn diese etwa die Hälfte der gesamten Beschäftigungszeit ausgemacht hat, also wesentlich war. War ein Arbeitnehmer genau 4 Jahre, also 36 Monate bei Ihnen in einem rechtlichen Arbeitsverhältnis tätig und war er davon 18 und mehr Monate krank, dann dürfen Sie diese Fehlzeit im Arbeitszeugnis erwähnen.

In dieser Zeit konnte Ihr Arbeitnehmer keine praktischen beruflichen Erfahrungen sammeln, vervollkommnen bzw. kontinuierliche Arbeitsleistungen erbringen. Damit ist eine Beurteilung von Leistung und Führung nicht mehr korrekt möglich.

Ausnahme für die Nennung von Ausfallzeiten
Ausfallzeiten werden nicht erwähnt, wenn bei dem zu beurteilenden Arbeitnehmer kein so genanntes "Erfahrungswissen“ wichtig ist, um seine Aufgaben korrekt zu erledigen. Dies dürfte bei handwerklichen Tätigkeiten oder Hilfsarbeiten zutreffen.

Arbeitszeugnis darf das berufliche Fortkommen nicht behindern
Gründe für die Ausfallzeiten dürfen Sie grundsätzlich nicht nennen, außer wenn diese nicht nachteilig für das berufliche Fortkommen Ihres Arbeitnehmers sind, wie z. B. Mutterschafts- und Erziehungsurlaub, Wehr- und Zivildienst oder vom Arbeitnehmer mit Ihrer Zustimmung absolvierte Fortbildungen, die einen direkten Bezug zur Arbeitsaufgabe haben.

Erwähnung der Elternzeit als Ausfallzeit im Arbeitszeugnis
Verweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auf die Ausführungen von Schleßmann in "Das Arbeitszeugnis“ bzw. ein Urteil des BAG vom 10.05.2006, Az. 9 AZR 261/04. In diesem Urteil geht es um einen Koch, der vier Jahre lang beschäftigt war und sich für die Dauer von drei Jahren in Elternzeit befand. Diese Elternzeit hatte der Arbeitgeber im Arbeitszeugnis erwähnt, der Arbeitnehmer klagte dagegen, das BAG wies die Klage als unbegründet ab.

Um das oberste Gebot der Wahrheitspflicht in einem Arbeitszeugnis einzuhalten, damit einer dritten Person ein möglichst vollständiges und zutreffenden Bild eines beurteilten Arbeitnehmers gegeben werden kann, müssen Sie eine genaue Abgrenzung zwischen "unwesentlicher“ bzw. "wesentlicher“ Ausfallzeit ziehen. Dabei müssen Sie alle Umstände des Arbeitsverhältnisses berücksichtigen, die für einen künftigen Arbeitgeber von berechtigtem Interesse sei können.

Ich empfehle, immer den Einzelfall zu prüfen, ob ein unverhältnismäßiger Anteil der Ausfallzeit an dem zu beurteilenden Gesamtarbeitsverhältnis eine ausgewogene und wahre Leistungsbeurteilung zulässt. Sie können Ausfallzeiten im Arbeitszeugnis bedenkenlos erwähnen, wenn diese wesentlich für den Leistungs- und Führungseindruck wegen eines erheblichen Zeitfaktors sind.

Zeugniswahrheit kommt vor Wohlwollen
Wenn die Ausfallzeit im Verhältnis zur Beschäftigungszeit also zu lang ausgefallen ist, muss deren Erwähnung im Arbeitszeugnis nach Ansicht des BAG keine Benachteiligung des Arbeitnehmers darstellen. Dabei gilt als Grundsatz: Zeugniswahrheit kommt vor dem Wohlwollen.