Großraumbüro: Flexible Arbeitsplätze mit Club-Charakter?

Sind flexible Arbeitsplätze die Büroform der Zukunft? Hat diese Art von Großraumbüro auch Nachteile? Immer wieder denken Fachleute über die Weiterentwicklung neuer und noch modernerer Großraumbüros nach. Die Frage stellt sich dabei automatisch, wie weit dies führen soll. Werden unsere Arbeitsplätze dadurch menschengerechter oder für die Unternehmen bloß preisgünstiger?

Es gibt manche Unternehmen, die eine neue Büroform ausprobieren. Dort sollen nämlich fixe Arbeitsplätze abgeschafft werden. Es gibt also keine fest zugeordneten Arbeitsplätze mehr. Alles soll dadurch flexibler werden. Wenn man mit der Arbeit fertig ist, wird der Arbeitstisch leer verlassen. Erste Bürobauten dieser Form wurden bereits in bestimmten Branchen errichtet. Besonders in der Software-Herstellung wird diese Form erstmals ausprobiert.

Merkmale für dieses "Reversible Büro" sind: 

  • An Stelle eines persönlichen Arbeitsplatzes kommt eine Vielfalt von Arbeitsplätzen, an die sich die betreffende Person begibt, wenn sie eine bestimmte Arbeit ausführt. 
  • Außer der Chefsekretärin hat keiner mehr einen fixen örtlichen Arbeitsbereich 
  • Es wird mehr Fläche für Besprechungen oder die individuelle Kommunikation zur Verfügung gestellt. Dies erinnert eher an eine Club- Atmosphäre. 
  • Nicht nur Sitzarbeitsplätze sollen zur Verfügung gestellt werden, sondern auch Steharbeitsplätze und auch Ruhebereiche. 
  • Jeder Arbeitsplatz soll dem nächsten Kollegen leer übergeben werden. 

Außerdem soll diese Art von Großraumbüro auch eine beträchtliche Platzeinsparung bieten. Dabei könne man von ungefähr siebzig Arbeitsplätzen für hundert Mitarbeiter ausgehen. Dies ist in der Theorie dadurch begründet, dass ein Teil der Mitarbeiter im Außendienst, unterwegs, auf Urlaub oder krank ist.

Wie wirken sich diese flexiblen Arbeitsplätze auf die Arbeitsleistung aus?
Die Auswirkung auf die Arbeitsleistung hängt davon ab, ob das Unternehmen die emotionale Seite der Mitarbeiter mit betrachtet. Es darf daher nicht nur auf Flächeneffizienz und Arbeitsablauf geachtet werden. Wichtig ist es auch, auf die erfolgreiche Zusammenarbeit der Mitarbeiter untereinander und die positive Einstellung zu ihrer Arbeit und zum Unternehmen zu fördern. 

Nun zu den Nachteilen dieser Art von Großraumbüro
Ein gutes Beispiel, wie es nicht funktioniert, fällt mir gleich aus meiner eigener Erfahrung ein. In unserem damaligen Großraumbüro mit 20 Konstrukteuren hatten wir nur 6 CAD-Arbeitsplätze zur Verfügung. Zur Erklärung: CAD-Arbeitsplätze sind mit einem Computerbildschirm ausgestattet, auf dem man technische Zeichnungen erstellen kann, sobald man eine Idee skizziert hat.

Diese CAD-Arbeitsplätze waren natürlich sehr begehrt. Jedoch hatte das Unternehmen keine Regeln erstellt, wie man diese für alle Mitarbeiter entsprechend der Arbeitsabläufe gleichwertig zugänglich machen konnte.

Das Resultat war, dass es regelrechte Kämpfe unter den Kollegen um diese begehrten Arbeitsplätze gab. Es gab sogar Kollegen, die bereits um sechs Uhr in der Früh im Büro saßen, nur damit sie an das CAD- Gerät kamen. Sie können sich vorstellen, wie hier das Betriebsklima darunter litt. 

Wie sind flexible Arbeitsplätze überhaupt zu organisieren?
Das einzige Mittel, damit die Arbeit in einem solchen Großraumbüro überhaupt funktionieren kann ist, dass die Arbeitsabläufe der einzelnen Mitarbeiter untereinander sinnvoll abgestimmt werden.

Wird hier kein System gefunden, wie man alles unter einen Hut bringt, würde in kürzester Zeit ein Chaos entstehen. Konflikte wären vorprogrammiert. Ein großer Nachteil im Großraumbüro! Dass kann in einem großen Büro mit vielen Mitarbeitern nur durch – vorsichtig ausgedrückt – moderne Informationsmittel und Kommunikationsmittel funktionieren.

Im Klartext: Kein Mitarbeiter kann mehr alleine entscheiden, welchen Arbeitsschritt er als nächstes macht. Das Computerprogramm wird das übernehmen. Dass heißt, dass dadurch seine individuelle Entscheidungsfreiheit sehr eingeschränkt wird. 

Natürlich hat jeder Mensch auch mal das Bedürfnis, sich zurückzuziehen. Dafür sind Ruhezonen vorzusehen. Auch die Kommunikation darf nicht zu kurz kommen. Dafür kann es abgeschirmte Räume für Einzelarbeit, Räume für Arbeitsgruppen bis hin zur Kaffeebar geben. 

Ziehen wir daraus unser Resümee, so ergibt sich, dass es ein Büro ohne eigenes Territorium nie geben wird.