Frühverrentung: Problematische Arbeitsbedingungen erhöhen Wahrscheinlichkeit

Die Frage könnte lauten: "Was ist normaler Verschleiß, was sind normale Alterungsprozesse und welche Gesundheitsrisiken gehen auf besondere berufliche Belastungen zurück?“ Ein Blick auf internationale Studien zeigt, dass problematische Arbeitsbedingungen offensichtlich die Häufigkeit von Erkrankungen und Frühverrentungen bei älteren Mitarbeitern erhöhen.

Die Wissenschaftler Siegrist und Dragano haben methodisch anspruchsvolle internationale Studien ausgewertet und sind zu diesem Ergebnis gekommen. Sie haben Untersuchungen ausgewählt, die sich auf Muskel- und Skeletterkrankungen, Herz-Kreislauf- und Stoffwechselleiden sowie psychische Störungen konzentrieren. Diese sind die häufigsten Ursachen für z. B. Frühverrentung.

Welche Stressbelastungen wurden untersucht?
Zunächst wurden körperliche Stressbelastungen durch Lärm und belastende Körperhaltungen untersucht. Zu diesen Körperhaltungen gehört auch dauerndes Sitzen. Die Wissenschaftler fanden, dass dauerndes Sitzen ohne Bewegungsausgleich nach nur zehn Jahren zu einem um 90% erhöhten Herzinfarkt-Risiko führt.

Desweiteren wurden Belastungen durch Schichtarbeit genauer analysiert. Verschiedene Studien zeigen einen Risikoanstieg für Herz-Kreislauf-Krankheiten von 30 – 180% für Schichtarbeiter gegenüber Beschäftigten mit normaler Arbeitszeit. In Deutschland arbeiten ca. 10% der über 55-jährigen im Schichtdienst. Diese Belastungen könnten für sie besonders riskant sein.

Auch psychosoziale Belastungen belasten ältere Mitarbeiter. Die Forscher gehen davon aus, dass mindestens 20% davon akut betroffen sind. Könnten diesen arbeitsbedingten Stressbelastungen systematisch vorgebeugt werden, gehen sie davon aus, dass 1/4 aller Depressionen und 1/5 der koronaren Herzkrankheiten vermieden würden.

Besonders wenn mehrere dieser Faktoren über längere Zeit zusammenkommen, ist das eine Gefahr für die Gesundheit. Da ältere Mitarbeiter diese Belastungen in der Regel über lange Zeit erleben, sind sie stärker gefährdet.

Mögliche Maßnahmen, um Frühverrentung vorzubeugen
Frühverrentungen aufgrund belastender Arbeitsbedingungen können vorgebeugt werden, indem die Belastungen zunächst erfasst und später systematisch reduziert werden. Anonymisierte betriebsärztliche Daten, Daten der Krankenkassen oder auch Informationen aus Mitarbeiterbefragungen oder Gesundheitszirkeln können dazu genutzt werden.

Maßnahmen könnten z. B. Teamarbeit und Jobrotation sein, um besonders belastenden Aufgaben zu rotieren oder die Möglichkeit die eigenen Arbeitszeiten flexibel zu gestalten. Auch Fortbildungsangebote und andere Personalentwicklungsmaßnahmen können eine Lösung sein. Eine zielgenaue Weiterbildung für ältere Mitarbeiter und ggf. auch ein Wechsel auf andere Arbeitsplätze können vor krankmachenden Stressbelastungen schützen.

Konzertierte Maßnahmen gegen die Gefahr der Frühverrentung
Konkrete Maßnahmen sollten in jedem Fall arbeitsplatzspezifisch geplant und umgesetzt werden. Bei dem Themabereich "Stressbelastungen und Frühverrentung“ greifen meist keine Einzelmaßnahmen, sondern nur konzertierte Aktionen, die das Thema umfassend angehen.