Anspruchsgruppen: Eine neue Kategorie in der PR

Seit ein paar Jahren hat sich ein neuer Begriff in der strategischen Kommunikation etabliert: Anspruchsgruppen. Worin unterscheiden sie sich von herkömmlichen Zielgruppen?

Zunächst ist dazu zu sagen, dass Anspruchsgruppen natürlich schon immer bestanden haben. Sie sind nur schrittweise identifiziert worden. Gemeint sind all jene, die Ihrer Organisation gegenüber hilfreich oder gefährlich werden könnten. Anders als Zielgruppen werden Anspruchsgruppen nicht nach soziodemografischen Merkmalen wie Alter, Geschlecht und Beruf eingeteilt, sondern nach dem Grad Ihres Einflusses.

Anspruchsgruppen sind latent wichtig
Diese Betrachtungsweise ist deshalb so wichtig, weil Sie in der PR und Pressearbeit konkret auf latente Probleme, Stimmungen und Ähnliches reagieren wollen. Wer steht mit mir in Beziehung? Welche Forderungen oder Ansprüche könnte diese Gruppe oder diese Einzelperson an meine Organisation in der Zukunft stellen? Wodurch ist die Kommunikation in der Vergangenheit gekennzeichnet gewesen?

Der Lidl-Überwachungsskandal aus dem Jahr 2008 verdeutlicht den Zusammenhang. Ganz sicher war die Berichterstattung über die Unternehmenspraxis, Verkäuferinnen mit Videotechnik überwachen zu lassen, für den Discounter eine ernste PR-Krise. Plötzlich traten Anspruchsgruppen aus dem Schatten ins Licht der Fernsehkameras: Gewerkschaften, Datenschützer und natürlich kritische Journalisten.

Den Fall als solches möchte ich nicht weiter kommentieren. Andere Praxisbeispiele finden Sie tagtäglich in der Presse. Das Spektrum reicht von A wie Anwohner bis Z wie Zugvogelschutz.

Anspruchsgruppen sind also

  • Menschen oder Gruppen, die zur eigenen Organisation in Beziehung stehen und
  • deren Wichtigkeit nach dem Grad ihres tatsächlichen oder latenten Einflusses zu bewerten ist.

Anspruchsgruppen identifizieren Sie am besten in Planspielen. Das Umfeld Ihrer Organisation hat eine Vielfalt unterschiedlicher Beziehungen und latenter Konflikte, die Ihnen in diesem Planungsprozess der PR und Pressearbeit bewusst werden.