Gut moderieren: Häufige Fehler in Besprechungen

Jeder kennt sie, denn sie sind fester Bestandteil der Arbeit geworden: Besprechung, Sitzung, Meeting, Konferenz oder welche schwungvollen Namen Zusammenkünfte zum Zweck der Kommunikation über die Arbeit auch haben. In manchen Unternehmen machen Besprechungen fast schon zwei Drittel des Tagesgeschäftes aus.

Fast jede zweite Besprechung verläuft unproduktiv
Eine Besprechung verfolgt das Ziel, Informationen zugänglich zu machen, den Austausch untereinander zu ermöglichen oder Entscheidungen vorzubereiten bzw. zu treffen. In der gemeinsamen Diskussion soll die Qualität der Arbeit und – quasi als Nebenprodukt – die Arbeitszufriedenheit im Team gesteigert werden.

Die Praxis sieht jedoch oft anders aus: Viele Personen gehen in die Besprechung hinein, aber wenig konkrete Ergebnisse kommen dabei heraus. Und der Frust über die Zeitverschwendung ist hoch.

Fast jede zweite Sitzung verläuft unproduktiv – das zeigten Befragungen einer Münchner Unternehmensberatung. Was sind nun die häufigsten Fehler?

Besprechung ohne Zeit- und Themenplanung
Schaut man so manche Teambesprechung an, stechen typische Fehler ins Auge, die die Sitzung zum Frusterlebnis werden lassen. Die mangelnde Zeit- und Themenplanung ist dabei der am häufigsten genannte Kritikpunkt. Wohl gibt es meist so etwas wie eine Tagesordnung oder eine Sammlung der zu besprechenden Punkte. Die Erfahrung zeigt jedoch, dass Tagesordnungen oft nur sehr unkonkret gehalten sind und Raum für "alles Mögliche" lassen, also keine wirkliche Strukturierungshilfe sind.

Der so heiß geliebte Tagesordnungspunkt "Verschiedenes" ist ein Sammelbecken für alles, was im Team an Wichtigem, aber auch an Belanglosem diskutiert werden kann – allerdings ohne das Thema wirklich beim Namen zu nennen und explizit einer zielgerichteten Diskussion zugänglich zu machen.

So landen (brisante) Themen wie Unmut im Team, Konflikte oder Unzufriedenheit mit Rahmenbedingungen oft unter "Verschiedenes", wo ein vorsichtiges "Reden um den heißen Brei" herum möglich ist, eine echte Auseinandersetzung aber nicht genügend Raum findet.

Unklare Ziele der Besprechung sind ein weiterer, häufig genannter Kritikpunkt. Soll über einen Tagesordnungspunkt lediglich informiert werden, sollen Ideen für mögliche Lösungen gesammelt und diskutiert oder sollen Entscheidungen vorbereitet werden? Das ist häufig für die Besprechungsteilnehmer nicht transparent. So entspinnen sich überflüssige und zeitraubende Diskussionen über Entscheidungen, die längst verabschiedet und nicht mehr veränderbar sind.

Mangelt es an Struktur in einer Besprechung erhalten Nebenaspekte immer wieder mehr Raum als ihnen zusteht – zu Lasten des eigentlichen Themas. Oft steht am Ende der Sitzung die beklemmende Frage: "Was haben wir nun eigentlich besprochen?" Das ist Zeitverschwendung pur.

Besprechung als Selbstdarstellung der Führungskraft
Oft werden Besprechungen zu langatmigen Monologen einzelner Personen, meistens des Vorgesetzten, der es nicht versteht, seine Mitarbeiter kreativ einzubinden. So manche Führungskraft tut das im guten Glauben, den Mitarbeitern alles an Informationen geben zu müssen, was nur irgendwie berichtenswert scheint.

So kippt die Führungskraft ihren gesamten Informationsvorrat wahllos über ihre Mitarbeiter aus, ohne zu fragen, ob die Information überhaupt relevant für die Mitarbeiter ist. Diese Führungskraft macht es sich leicht, denn sie spart sich die schwierige Aufgabe abzuwägen, wer was an Information braucht. Die Annahme "Viel hilft viel" ist bei der Informationsweitergabe also kein gutes Patentrezept.

Bei vielen Führungskräften zeigt sich in der Art, wie sie Besprechungen leiten, auch deren Führungsverständnis. "Wer viel redet hat die Macht" oder "Ich bin der Chef, hier rede ich!" sind Haltungen, die eine aktive Beteiligung der Mitarbeiter fast unmöglich machen. Denn welcher Mitarbeiter wagt es, die redefreudige Führungskraft zu bremsen oder gar im Redefluss zu stoppen. Schweigen ist da die einfachere Variante.

Manche Führungskraft hört sich am liebsten selber reden statt den anderen zuzuhören und bewertet eine Besprechung dann als Erfolg, wenn niemand Probleme angesprochen oder eine abweichende Meinung vertreten hat. Dass in solchen Besprechungen wenig herauskommt, weil die Mitarbeiter gar nicht die Chance hatten, ihr Wissen und ihre Kreativität einzubringen, versteht sich von selbst.

Besprechungen einfach laufen lassen
Das andere Extrem: Das Einfach-Laufen-Lassen der Sitzung. Keiner fühlt sich zuständig, für ein Minimum an Struktur und Zielorientierung zu sorgen. Das ist Führungsaufgabe, werden Sie sagen. Aber was ist, wenn es allen Beteiligten einschließlich des Teamleiters wie "Kindergarten" anmutet, wenn man erwachsene Menschen auffordern muss, einander nicht ins Wort zu fallen, zuzuhören und nicht die Zeitung während der Besprechung zu lesen?

Dass solche Besprechungen in ihrer Buntheit und Lebendigkeit tatsächlich Rückschlüsse auf ein gutes Teamklima zulassen, ist nicht ausgeschlossen. Oft ist es aber nur der mangelnde gegenseitige Respekt, die fehlende Aufmerksamkeit und eine Laissez-faire-Haltung der Führungskraft, die solche "Zustände" möglich machen.

Fehlende Dokumentation der Diskussionspunkte und Besprechungsergebnisse
"Wer schreibt Protokoll?". Das ist eine der am meisten gefürchteten Fragen zu Beginn der Besprechung. Bedeutet die Zuteilung dieser Aufgabe für den zum Protokoll schreiben Verdonnerten doch viel Arbeit und Zeitinvestition.

Individuell sehr unterschiedlich ist demnach das Aussehen der Resultate: Fehlende Protokolle oder solche, die mit langem Zeitverzug doch noch irgendwann folgen ("Leider hatte ich noch keine Zeit!"), solche in epischer Breite (in manchen Teams gibt es einen unausgesprochenen Wettbewerb: Wer schreibt das längste Protokoll?) oder Protokolle, die so kurz und damit entstellend sind, dass man sich fragt, ob man denn tatsächlich auch in der gleichen Besprechung gewesen ist.

Eifrige Führungskräfte schaffen sogar beides, Besprechungsleitung und Protokoll ("Ich habe ja alle Textbausteine, die ich Ihnen eben vorgelesen habe!"). Wie spannend für die Teilnehmer der Besprechung, dem ellenlangen mündlichen Sermon folgt jetzt auch noch der gleichlautende Roman.

Visualisierung während der Besprechung fehlt
Auch eine Visualisierung während der Besprechung ist selten anzutreffen. Zwar gibt es Besprechungen oder Sitzungen, die durch die Menge der Tischvorlagen glänzen ("Wie soll ich das alles denn noch so schnell lesen?"), ein Visualisieren der Diskussionspunkte oder Ergebnisse, z. B. am Flipchart, findet jedoch kaum statt.

Fürchtet offensichtlich doch manche Führungskraft die spöttische Frage "Auf welcher Fortbildung war der denn?", wenn sie sich solcher einfacher Mittel bedient.
Visualisierung der Kernaussagen, Diskussionspunkte und Ergebnisse helfen dabei entscheidend mit, dass alle Teilnehmer schwarz auf weiß sehen, was die Knackpunkte der Diskussion sind. Denn das, was nur gehört wurde, ist meist nicht so präsent in Erinnerung wie das, was auch mit den Augen erfasst wurde.