Bewerbungen: Welches Unternehmen passt zu mir?

Formale Qualifikationen für ein bestimmtes Berufsbild sind wichtig. Ebenso wichtig ist jedoch, dass sich ein Arbeitnehmer in seiner angestrebten Branche und im jeweiligen Unternehmen wohl fühlt. Um dies individuell zu klären, sind einige Leitfragen hilfreich.

Häufig wird der Aspekt vernachlässigt, dass nicht jeder Arbeitgeber zu jedem Bewerber passt und umgekehrt, auch wenn der Kandidat möglicherweise alle fachlichen Voraussetzungen für die ausgeschriebene Stelle erfüllt. Dauerhafte Unzufriedenheit, Burn-out- bzw. Bore-out-Syndrome u. ä. können die Folge sein. Der Arbeitnehmer hat das Gefühl, ständig über- oder unterfordert zu sein und nicht so recht ins Unternehmen zu passen, umgekehrt denkt der Chef, dass dieser Arbeitnehmer nicht 100 % seine Leistung bringt. Möglicherweise kommt es in der Folge zu unschönen Trennungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber.

Überlegungen bei der Stellensuche

Um diese Situation bereits im Vorfeld zu vermeiden, ist es wichtig, dass der Bewerber sich vor Versand seiner Unterlagen an ein Unternehmen nicht nur die Frage stellt, ob er alle geforderten Voraussetzungen mitbringt, sondern auch, ob ihm das jeweilige Unternehmen oder die Branche liegt und ob es zu seinen persönlichen Stärken und Eigenschaften passt. Jemand, der gerne nach Anweisung arbeitet, wird sich in einem Unternehmen unwohl fühlen, in dem Eigeninitiative, Kreativität und selbstständiges Arbeiten gefordert sind, umgekehrt wird jemand, der eher ein kreativer Freigeist ist, in einer Firma unglücklich sein, in der er meist dazu gezwungen ist, sich unterzuordnen und Anweisungen auszuführen.

Lassen Sie sich nicht von möglichen Argumenten Ihres direkten Umfeldes beeinflussen. Oft fallen Sätze wie „Sei doch froh, dass du heutzutage Arbeit hast! Warum willst du deine Stelle bei der renommierten Firma XY aufgeben?“, „Das Leben ist kein Wunschkonzert.“ oder „Besser irgendeine, als gar keine Arbeit.“ Wenn Sie mit Ihrem derzeitigen Job unzufrieden sind, sollen Sie natürlich nicht von heute auf morgen kündigen, ohne etwas Neues gefunden zu haben. Dennoch haben Sie den Vorteil, sich aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis heraus bewerben zu können. Arbeitslose Menschen stehen da weitaus stärker unter Druck, meist auch in finanzieller Hinsicht. Trotzdem sollten Sie auch als Arbeitssuchender nicht jede erstbeste Stelle annehmen. Sie sind dann zwar nicht mehr arbeitslos, aber möglicherweise auf Dauer unzufrieden – dieser Mangel kann auch nicht durch ein gutes Gehalt allein kompensiert werden.

Mit Ihrem Entschluss für oder gegen eine Stelle bzw. einen Beruf und den Konsequenzen aus Ihrer Entscheidung müssen auch nicht Ihr Partner, Ihre Freunde oder Ihre Eltern leben, sondern Sie ganz allein. Aus diesem Grunde ist es umso wichtiger, sich selbst gegenüber ehrlich zu sein und auf Stellenangebote zu antworten, die für Sie sowohl in persönlicher als auch in fachlicher Hinsicht interessant erscheinen.

Welche Branche passt zu wem?

Lassen Sie sich bei der Entscheidung für oder gegen eine Bewerbung auf ein Stellenangebot nicht von der Frage leiten, ob kreative Köpfe besser bzw. beliebter sind als Menschen, die nach Anweisung arbeiten. Beide Gruppen werden gleichermaßen gebraucht, deshalb ist niemand besser oder schlechter.

Für Freigeister, die gerne eigenständig arbeiten und kreative Lösungen entwickeln, bieten sich in der Regel folgende Branchen an: Werbung, Marketing und PR, kulturelle und soziale Einrichtungen, Institutionen, die beraten, fördern und/oder unterstützen, Presse, Rundfunk und Fernsehen etc. Menschen wiederum, die gerne nach strikten Vorgaben und Anweisungen arbeiten und auch keinen großen Entscheidungsspielraum innerhalb ihrer beruflichen Tätigkeit wünschen, sind wiederum besser in Behörden, Anwaltskanzleien, Steuerberatungsgesellschaften und -büros aufgehoben.

Ein Patentrezept gibt es allerdings nicht. Um ein Beispiel zu geben: Jemand, der am Telefon eine ebenso gute Beratung durchführt wie im persönlichen Gespräch,   ist nicht auch automatisch für den Vertrieb oder ein Call Center geeignet. Ein Profi-Vertriebler wiederum, der es gewohnt ist, den Leuten ein Produkt oder eine Dienstleistung zu verkaufen, muss nicht auch automatisch ein Crack sein, wenn es darum geht, Menschen zuzuhören und sie eher in sozialer Hinsicht zu beraten.

Großkonzern oder Kleinbetrieb?

Auch diese Frage kann nur individuell beantwortet werden. Viele Bewerber bevorzugen große, zum Teil global operierende Unternehmen aufgrund deren Renommée. Mit der Begründung, dass diese häufig eine größere Sicherheit bieten, was Firmenpleiten, Gehalt, Sonderleistungen etc. angeht. Obwohl auch dies vielfach nicht mehr mit 100 %-iger Sicherheit gesagt werden kann. Gegenargument für Großkonzerne können wiederum starre, stringente Strukturen sein, bei denen Änderungen nur schwer umsetzbar sind, insbesondere wenn die Unternehmensphilosophie eher konservativ ausgerichtet ist.

Kleine Unternehmen bieten den Vorteil einer familiären Atmosphäre, meist hat jeder einzelne Arbeitnehmer größere Entscheidungskompetenzen, da sich die Arbeit und die dazugehörigen Aspekte auf weniger Schultern verteilen als in einem großen Betrieb. Die Strukturen sind meist weniger stringent. Dafür können kleinere Firmen schneller pleite gehen als die großen Global Player. Gleichwohl haben Arbeitsklima und Unternehmenskultur nichts mit der Betriebsgröße zu tun, sondern eher mit der dort vorherrschenden Philosophie und wie die Geschäftsleitung bzw. der Firmeninhaber mit seinen Angestellten umgeht. Einen Reinfall kann man in Großbetrieben ebenso erleben wie in kleinen oder mittelständischen Unternehmen.

Leitfragen vor Erstellung und Versand der Bewerbungsunterlagen

  • Erfülle ich alle in der Stellenanzeige geforderten fachlichen Voraussetzungen? (Zu 100 % erfüllt kaum ein Bewerber alle in einer Ausschreibung genannten Kriterien, idealerweise liegt die Passung zwischen 80 und 90 %.)
  • Sagen mir die in der Stellenannonce aufgeführten Aufgaben zu oder sind mehr als zwei Punkte dabei, mit denen ich mich nicht oder nur schwerlich anfreunden kann?
  • Interessiert mich die Branche oder das Unternehmen selbst?
  • Kann ich mir vorstellen, mich dort dauerhaft wohl zu fühlen?
  • Weiß ich bereits etwas über die Firma – sei es, durch die Tagespresse, Freunde, Bekannte, frühere Kollegen, Praktika? Wie ist der Ruf des Unternehmens?
  • Arbeite ich lieber alleine oder im Team?
  • Arbeite ich lieber nach Anweisung oder gerne eigenverantwortlich? Treffe ich gerne selbst Entscheidungen im Rahmen meines Ermessensspielraums?
  • Habe ich gerne mit Menschen zu tun oder bin ich eher ein Einzelgänger, der weder gerne allzu viele Kollegen noch Kunden um sich herum hat?

Erst, wenn Sie alle diese Fragen für sich individuell beantwortet haben, können Sie entscheiden, ob es für Sie persönlich sinnvoll ist, eine Bewerbung an das ausschreibende Unternehmen zu versenden.

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