Entwickeln Sie Gelassenheit: Lernen Sie, sich zu trennen

Haben Sie die nötige Gelassenheit? Es gibt ein indianisches Sprichwort, das lautet: "Wenn du entdeckst, dass du ein totes Pferd reitest, steig ab!". Es klingt so trivial, dass es fast schon lustig ist, aber denken Sie einmal scharf nach! Reiten Sie nicht auch zu viele tote Pferde? Haben Sie nicht auch zu einigen Dingen eine so emotionale Bindung aufgebaut, dass Sie nicht mehr genügend Gelassenheit entwickeln können, sich davon zu trennen, obwohl sie schrecklich stören?

Gelassenheit gegenüber Dingen, die wir besitzen
Ein aktuelles Beispiel: Ich stand vor ein paar Tagen bei meiner Tochter im Kinderzimmer. Sie hielt einen Stapel Papier und ein paar Stifte in der Hand und schaute sich verzweifelt nach einem Ort um, an dem sie diese Dinge sinnvollerweise verstauen könnte.

Zunächst half ich ihr, zu suchen, fragte sie dann aber danach, was das denn eigentlich alles für Dinge seien. "Erinnerungen an die Schulzeit", meinte sie (An dieser Stelle sei erwähnt, dass sie gerade einmal die zweite Klasse abgeschlossen hat).

"Was denn für Erinnerungen?" entgegnete ich und begann, den Stapel einmal vorsichtig auseinander zu sortieren. Was fiel mir entgegen? Monate alte Elternbriefe, in denen darauf hingewiesen wurde, dass am letzten Tag vor den Osterferien die Schule früher ende, kaputte Bleistifte ("die hat mir meine Freundin mal geschenkt"), allerlei zerrissene Basteleien, – so ging es weiter.

Merken Sie etwas? All diese Dinge hatten einmal nicht nur einen praktischen-, sondern auch einen hohen emotionalen Wert für meine Tochter.

Aber nun stand sie da: Das meiste war kaputt, zerknickt oder zerrissen. Und eigentlich störte es nur. Und meine Tochter machte sich nun darüber Gedanken, wo sie all diese inzwischen völlig unansehnlichen Dinge unterbringen solle. Das Mädchen konnte nicht genug Gelassenheit entwickeln, um die einfachste und vernünftigste Entscheidung zu fällen: Sich davon zu trennen und den ganzen Kram einfach zu entsorgen. Die Erinnerungen wären gewiss geblieben, falls sie wirklich so schön für sie waren.

Gelassenheit gegenüber Dingen, die wir erreichen möchten
Luxuswaren, teure Autos, Schmuck, Reisen, eine repräsentative Adresse: Das alles sind Dinge, die unseren Ehrgeiz wecken, Begehrlichkeiten provozieren und uns zu mehr Leistung antreiben, das nötige Geld dafür zu verdienen. Das ist auch nicht verkehrt. Doch haben Sie schon einmal an sich selber gemerkt, wie Sie sich auf ein Ziel versteift haben?

Wie Sie sich zum Beispiel nicht von einem unbefriedigenden Job, einer nicht profitablen Geschäftsidee, einer anstrengenden Beziehung trennen konnten, weil Sie nicht "scheitern" wollten auf Ihrem Weg zu dem einen Ding, das Sie sich vorgenommen haben, zu besitzen? Überlegen Sie einmal: Was bringt Ihnen dieser Besitz? Und ist der beste Weg dahin tatsächlich, sich krampfhaft an etwas festzubeißen, das eigentlich nicht mehr funktioniert?

Trennen Sie sich! Trennen Sie sich von den Dingen in Ihrem (Geschäfts-)Leben, die nicht mehr funktionieren und entwickeln Sie eine gesunde Gelassenheit gegenüber den Dingen, die Sie besitzen möchten. Hören Sie auf, auf einem toten Pferd dorthin reiten zu wollen, wo Sie glauben, dass die Prärie grüner ist. Sie werden es nicht schaffen.

Trainieren auch Sie Ihre Gelassenheit gegenüber Dingen
Wenn einer der folgenden Punkte auf Sie oder Ihr Unternehmen zutreffen sollte, trainieren auch Sie Ihre Gelassenheit gegenüber Dingen:

  • In meinem Büro stehen Kisten, die seit Monaten nicht geöffnet wurden. Keiner weiß so richtig, welche Dinge darin herumliegen (Tipp: Öffnen Sie noch heute diese Kisten. Wenn sich darin Dinge befinden, die Sie seit mehr als einem Jahr nicht vermisst haben, trennen Sie sich sofort davon! Sie werden sie nie wieder vermissen!)
  • Mein Unternehmen muss vor allem repräsentativ sein (Tipp: Versuchen Sie doch einmal, Ihr Unternehmen vor allem gute Arbeit tun zu lassen!)
  • Ich habe das Gefühl, ich arbeite immer mehr und mehr, aber das Geld ist trotzdem dauernd zu knapp (Tipp: Notieren Sie sich einmal einen Monat lang ganz genau, wofür Sie Geld ausgeben. Überlegen Sie dann, was davon wirklich wichtig für Sie ist! Waren Sie nicht auch schon als Student, Azubi, Geselle, 400-Euro-Jobber glücklich? Ich will nicht sagen, dass Sie wieder ins Studentenwohnheim ziehen sollen, aber erkennen Sie, dass das Glück an Dingen nur sehr kurz hält – das Glück an erfüllenden Tätigkeiten dafür deutlich länger. Trennen Sie sich von Dingen, wenden Sie sich Erlebnissen zu!)
  • Ich checke mehrmals am Tag meinen Facebook-Account, um zu sehen, ob es etwas Neues gibt (Tipp: Checken Sie doch einmal eine Woche lang Ihren Facebook-Account gar nicht. Und dann schreiben Sie am Ende der Woche auf einen Zettel, was für wirklich unverzichtbare Informationen Sie verpasst haben!)

Übrigens: Meine Tochter und ich haben dann übrigens in ihrem Zimmer nach mehr Dingen geforscht, von denen sie sich getrost trennen kann. An ihrem ehemaligen Platz ist nun viel Raum für neue, inspirierende Dinge. Der nächste Geburtstag kommt ohnehin unaufhaltsam bei diesen kleinen Pappnasen.