New Connaisseur Market – Der Markt für verfeinerte Genüsse

Genüsse sind für viele Menschen heute nicht mehr nur Randerscheinungen des Lebens. Sie strukturieren und "versinnlichen" das Leben. Genusskultur in all ihren Facetten ist also das Epizentrum der sensuellen Gesellschaft. Natürlich sind diesem Trend auch Grenzen gesetzt.

Wer zu viel genießt, bekommt früher oder später Gesundheitsprobleme. Viele Genüsse nutzen sich auch ab: Wer ständig Kaviar isst und Champagner trinkt, für den werden diese Dinge fade und langweilig.

Deshalb werden in der Wissensgesellschaft viele Genuss-Märkte zunehmend mit kulturellem Wissen erweitert. Es geht nicht mehr so sehr darum zu konsumieren, sondern zu kennen und sein Wissen zu verfeinern.

Zum Genuss-Akt addiert sich untrennbar ein Kommunikationswert: Er besteht vor allem in der Gemeinsamkeit mit anderen Kennern. Status beweist der "Connaisseur" nicht mehr durch Kenntnis des Preises, sondern durch Wissen um den symbolischen KONTEXT eines Gegenstands.

  • Zigarrenclubs haben zu einer Renaissance des gepflegten Rauchens geführt und die Zigarre aus ihrem negativen Image befreit. Manche dieser Clubs bilden sich sogar speziell für weibliche Kenner, beispielsweise der Women’s Eve, veranstaltet von www.zigarren-herzog.com in Berlin.
  • Das Grüne Gift. Neuester Stern am Genießerhimmel ist Absinth, der grüne Wermutlikör, der das Nervengift Thujon enthält. Absinth war die Modedroge des 19. Jahrhunderts, wurde aber in Deutschland 1923 verboten.

    Heute wird der Anteil der Drogensubstanz Thujon dank einer EU-Verordnung streng überwacht, der Absinth wieder legal verkauft. Der Mythos allerdings, der sich um das Getränk rankt, wirkt anziehend auf neue Connaisseurship-Zirkel, die sich beispielsweise im Absinth-Depot in Berlin (Weinmeisterstraße 4) treffen.

  • Food-Festivals. Das Zelebrieren und Inszenieren von Speisen, ja von einzelnen ZUTATEN, versteht man besonders gut in Italien. Dort findet jährlich das Basilikum-Festival in Pesaro (24. bis 25. Juni) statt. Oder das Fusili-Fest (Felitto, 14. August). Oder das Schweinebraten-Festival "Porchetta" (Ariccia, 7. Juli).

    In den Monaten Mai und Juni vergeht kein Tag an der Weinstraße in Rheinland-Pfalz, an dem nicht Winzer und Spargelbauern gemeinsame Genießer-Feste des "königlichen Gemüses" mit den "edlen Tropfen" aus "Deutschlands Toskana" veranstalten. Solche "Connaisseur-Festivals" werden sich auch in anderen Regionen Europas durchsetzen.

  • Feinschmecker-Freuden. Andere Connaisseure teilen die Vorliebe für besondere Food-Genüsse. Da gibt es eine Berliner Agentur mit dem Namen "Esskultur" (www.esskultur-berlin.de), die zweiwöchentlich ein Literaturessen organisiert, bei dem das Menü auf die Texte abgestimmt wird, die von Schauspielern vorgelesen werden.

    Die Abnehmer der Erzeugnisse der Gentleman-Farmer, jener Teilzeit-Kleinbauern, die die ökologische Landwirtschaft als neues Luxus-Gut erkannt haben, oder die Käufer von Kobe-Beef, Fleisch jener japanischen Rinder (zum Kilopreis von 500 Euro), die mit Bier getränkt und mit Sake massiert werden.

  • Cosmed-Specials. Im Kosmetikbereich geht die Neue Connaisseurship grundsätzlich mit hohen Preisen einher. So sind echte Kenner bereit, für so genannte Supercremes "ein kleines Vermögen" auszugeben, schrieb der "Trendletter" im Mai. Eine Anti-Falten-Creme zum Beispiel von Estée Lauder oder Shiseido im Ultrahochpreis-Segment kostet dann ab 500 Euro für 30 Milliliter.

Produkt-Kulte.
Ein typisches Beispiel für einen solchen "Connaisseur-Kult" kann man im
Siegeszug der "Lomo Society" orten: Hier wurde eine Kamera nicht mit
den Mitteln klassischer Massenwerbung, sondern ausschließlich über den
Kreis der Kenner, Fans und Adepten vermarktet.

Für alle
"Mac-Fans" bringt das Macwarehouse in Mainz-Kastel die Liebhaber von
Scotch Whisky und Apple-Computern zusammen. Macallan Single Malt und
das Apple Macintosh Titanium Powerbook werden "im Duett" präsentiert:
"Beide können, mit Verstand und Verständnis eingesetzt, für Kenner zu
einem wahren Fest für die Sinne werden", so das Marketing.