Recht-Spezial: Ist ein Franchise-Nehmer eine arbeitnehmerähnliche Person?

Wann ist ein Franchise-Nehmer eine arbeitnehmerähnliche Person? Und in welchen Fällen kann ein Franchise-Nehmer als normaler Arbeitnehmer anzusehen sein? Die Klärung dieser Frage entscheidet über die Zuständigkeit von Arbeits- oder Zivilgerichten im Streitfall zwischen dem Franchise-Nehmer und dem Franchise-Geber. Wir geben Ihnen die Antwort. Nutzen Sie diese Information im täglichen Umgang mit Ihren Kunden.
Ein Franchise-Unternehmen, das in Kaufhäusern Gewerbeflächen anmietet, um dort Service-Stationen für Schuhreparaturen und einen Schlüsseldienst über "Vertriebspartner" zu betreiben, schloss mit einem Auftragnehmer eine Geschäftsbesorgungsvereinbarung mit einer Laufzeit von 72 Monaten ab. Der Vertrag sah vor, dass der Auftragnehmer eine ratenweise zahlbare Einlage von etwa 17.900 Euro leisten und zirka 39 Prozent seines Umsatzes an das Unternehmen abführen musste. Außerdem war er verpflichtet, während der Öffnungszeiten des Kaufhauses persönlich dort zu arbeiten. Zudem sollte er zunächst verschiedene Filialen besetzen und später an einem bestimmten Standort eingesetzt werden.

Es stellte sich nach einiger Zeit heraus, dass die Einnahmen nicht einmal zur Abzahlung der Raten für die Einlage reichten. Der Auftragnehmer hielt den Vertrag aus diesem Grund für sittenwidrig und kündigte ihn daher fristlos. Die bereits gezahlten Raten klagte er vor dem Arbeitsgericht Nürnberg ein. Das Arbeitsgericht verneinte seine Zuständigkeit. Es ging davon aus, dass der Auftragnehmerselbstständiger Unternehmer und kein Arbeitnehmer ist und wollte das Verfahren an die Zivilgerichte verweisen. Hiergegen legte der Auftragnehmer Beschwerde beim Landesarbeitsgericht Nürnberg ein. Seine Beschwerde hatte Erfolg. Denn das Gericht wertete den Auftragnehmer als arbeitnehmerähnliche Person. Diese charakterisiere, dass sie zwar nicht persönlich, aber wirtschaftlich von einem Unternehmen abhängig ist. Die wirtschaftliche Abhängigkeit liege auf Grund der hohen Einlage, der langen Vertragslaufzeit, der eingeschränkten Verwertungsmöglichkeit der Arbeitskraft und des geringen Einflusses auf das Geschäftsfeld vor. Darauf, dass der Auftragnehmer die Preise seiner Dienstleistungen und Verkaufsprodukte selbst bestimmen konnte, komme es nicht mehr an. Daher sei die Zuständigkeit des Arbeitsgerichts und nicht die der Zivilgerichte gegeben.

Beachten Sie: Eine arbeitnehmerähnliche Person ist ein tatsächlich Selbstständiger. Die persönliche Unabhängigkeit unterscheidet sie vom Scheinselbstständigen. Ein Franchise-Nehmer kann aber auch als normaler Arbeitnehmer anzusehen sein, wenn er weisungsgebunden und in die betriebliche Organisation des Franchise-Gebers eingebunden ist. Das wiederum hätte für das Franchise-Unternehmen unter Umständen finanzielle Folgen, insbesondere im Hinblick auf die nicht abgeführten Sozialversicherungsabgaben und Steuern.
LAG Nürnberg, 20.8.2002, 6 Ta 63/02