Facebook greift nach Ihrem Leben: Privatsphäre vor Timeline schützen

Facebook nutzen 22 Millionen Menschen in Deutschland, jeder vierte Deutsche bekommt jetzt also die neue Timeline. Mit einem Klick sehen Besucher die Fotos von Ihnen, Ihrer Familie und Ihren Freunden und erfahren Informationen aus Ihrem ganzen Leben. Wie Timeline und Social Apps den Datenschutz aushöhlen und wie Sie sich dagegen wehren, erfahren Sie in diesem Artikel.

Kein Weg zurück: Die Timeline ist gekommen, um zu bleiben

Facebook hat die Timeline bereits im Herbst 2011 auf einer Entwicklerkonferenz vorgestellt und die Einführung angekündigt. Jetzt erfolgt die Umstellung von der alten Profilseite auf die neue Timeline, die in der deutschen Bezeichnung Chronik heißt.

Seit Anfang Januar 2012 suchen unzufriedene Facebook-Nutzer nach einem Weg zurück zur gewohnten Profilseite. Laut Facebook ist diese Suche vergeblich, denn es gibt von der Timeline keinen Weg zurück zur alten Profilseite.

Vorsicht Falle: Betrüger versprechen Rückkehr zur Profilseite und liefern Schadprogramme

Sie werden mit Google und anderen Suchmaschinen jedoch Webseiten finden, auf denen Ihnen eine Anleitung zur Rückkehr von der Timeline zur Profilseite versprochen wird. Dafür sollen Sie die Like-Schaltfläche anklicken oder ein Programm herunterladen. Glauben Sie diesen Seiten nicht, hier sind Betrüger am Werk und Sie laufen Gefahr, ein Schadprogramm wie einen Trojaner oder einen anderen Computervirus zu installieren.

Facebook lässt Ihnen sieben Tage für die Umstellung auf die Timeline alias Chronik

Nachdem Ihnen Facebook die Timeline bzw. Chronik angeboten hat, haben Sie sieben Tage Zeit, um die gewünschten Bilder auszuwählen, Daten zu löschen, Einträge zu schützen und fehlende Einträge zu ergänzen. Sie können Ihre Chronik aber auch jederzeit vorher freigeben. Viele Nutzer tun dies auch, denn die neue "Profilseite" sieht deutlich besser aus als die alte und längst nicht jeder Facebook-Nutzer ist gegen deren Einführung.

Was unterscheidet die Timeline alias Chronik von der Profilseite?

Im Unterschied zur Profilseite haben Sie bei der Timeline ein neues, sehr großes Titelbild über die gesamte Bildschirmbreite. Dieses Bild ist nun zusätzlich zu Ihrem Profilbild vorhanden. Das Titelbild, Ihr Profilbild und die öffentlich freigegebenen Informationen sieht jeder Internet-Nutzer, der auf Ihre Facebook-Seite kommt, es ist Ihre Visitenkarte.

Darunter folgt eine grafisch ansprechende, völlig neue Gestaltung der Übersicht Ihrer Freunde, Ihrer Favoriten, Fotos, der besuchten Orte und "Gefällt mir"-Angaben (Likes). Ihre Statusmeldungen sind als Zeitstrahl angeordnet, daher die Bezeichnung Timeline bzw. Chronik.

Über einen Zeitbalken lässt sich sehr einfach das Jahr, der Monat und ein Tag auswählen und nachsehen, was zu diesem Zeitpunkt in Ihrem Leben alles passiert ist – sofern Sie mitmachen und Ihr Leben mit Bildern und Texten lückenlos dokumentieren.

Privatsphäre war gestern: Der digitale Exhibitionismus durch Timeline und Social Apps

Haben Sie Sorge um den Datenschutz, ist der beste Rat folgender: Laden Sie einfach keine Bilder von sich, Ihren Angehörigen, Haustieren und Freunden hoch, tragen Sie nicht ein, wann Sie geboren wurden, wer Ihre erste Liebe war, wann Sie geheiratet haben, die Kinder gekommen sind und wie traurig Sie bei der Scheidung waren und wen Sie danach alles kennengelernt haben.

Sie brauchen also einfach nur nichts in die Timeline einzutragen,
keine Bilder hochzuladen und keine Social Apps zu nutzen, dann hat
Facebook auch diese Daten nicht und auch niemand anderer der über eine
Milliarde Internet-Nutzer.

Vom Schwangerschaftstest bis zum Tod – das ganze Leben in Facebook

Doch die Tendenz geht in die entgegengesetzte Richtung und Privatsphäre scheint für manche Menschen scheinbar überholt zu sein:

  • Junge Eltern stellen bereits Ultraschallbilder ihrer Schwangerschaft in Facebook, die Freunde wissen schon Wochen vorher, dass Nachwuchs unterwegs ist, denn auch das Ergebnis des Schwangerschaftstests wird direkt eingestellt.
  • Babys sind in den USA im Durchschnitt mit 6 Monaten online, ab dann werden die ersten Bilder von den Eltern in Facebook eingestellt und dokumentieren alles auf Schritt und Tritt.
  • Facebook-Nutzer teilen alles mit ihren Freunden, glückliche und traurige Momente. Das schließt genaue Information über Krebserkrankungen und wortwörtliche Wiedergabe von Streitgesprächen ebenso ein wie eingescannte Anwaltsbriefe oder amtliche Schreiben.
  • Selbst nach dem Tod ist es mit Facebook nicht vorbei, die Daten leben im Konto weiter, das Facebook in den "Gedenkzustand" versetzt, wenn die Angehörigen nicht die Löschung beantragen.
  • Entziehen Sie sich diesem digitalen Exhibitionismus und Gruppenzwang mit aller Kraft, werden Sie von Freunden dennoch auf Bildern markiert, Bilder von Ihnen hochgeladen und Sie werden in Statusmeldungen erwähnt, womöglich mit Ortsangabe.
  • Aus den Bildern, die Datum, Uhrzeit und Ort der Aufnahme in der Datei enthalten, lässt sich ein Bewegungsprofil Ihres Lebens erstellen, wo Sie geboren wurden, wo Sie gewohnt haben, wo Sie Urlaub gemacht haben, alles in der Karte auf der Timeline dargestellt.

Dazu kommen die Spiele und die neuen Social Apps: Jede App hat bei Facebook Zugriff auf Ihre Daten, wenn Sie zustimmen – und die Apps Ihrer Freunde haben Zugriff auf Ihre Daten, ohne dass Sie zustimmen!

Sie haben es zwar in der Hand, ob Sie über eine App genau darlegen, wann Sie wo joggen, was Sie lesen und welche Filme Sie ansehen. Doch was Ihre Facebook-Freunde so mit den Apps treiben, darüber haben Sie keine Kontrolle.

Der einfachste Ausweg: Trennen Sie sich von allen Facebook-Freunden, dann sollte auch keine derer Apps mehr auf Ihre Daten Zugriff haben. Dann ist Facebook aber sinnlos und Sie können Ihr Konto gleich löschen, wobei dies gar nicht so einfach ist, dazu in einem der nächsten Artikel mehr.

Was Sie zum Schutz Ihrer Daten nach Einführung der Timeline tun können

Die Timeline und die Social Apps verführen dazu, dass Sie Facebook wie ein Fotoalbum oder Tagebuch verwenden und viel mehr Daten eingeben, als Sie es bei reinen Statusmeldungen tun würden. Das ist die eigentliche Gefahr der Timeline.

Ansonsten ändert sich an den Privateinstellungen und bei den Apps nichts. Sie sollten also alle Privateinstellungen prüfen, die Anzeige der Daten aus der Timeline auf Ihre Freunde beschränken und Einträge in Ihrer Chronik sowie das Markieren von Ihnen auf Bildern von Ihrer Zustimmung abhängig machen.

Die Privatsphäre-Einstellungen bei Facebook sind allerdings recht kompliziert, daher wird darauf in weiteren Artikeln hier bei experto noch näher eingegangen. Sie erfahren dann ganz genau, Schritt für Schritt, welche Einstellungen Sie zu welchem Zweck vornehmen sollten.