Erkennen Sie schulische oder berufliche Vorleistungen Ihrer Azubis an

Unsere Eltern genossen bereits die freie Wahl, womit sie ihren Lebensunterhalt verdienen wollten. In unserer Generation geht der Trend dahin, dass die freie Berufswahl dazu genutzt wird, mehrere Berufe im Laufe des Lebens auszuüben. Sie können einen 35-jährigen Umschüler nicht in dieselbe Schublade stecken, wie den 18-jährigen Azubi, obwohl sie rechtlich gesehen denselben Status innehaben.

Verkürzung zum Ausbildungsbeginn

Der offensichtlichste Bonus, der älteren Auszubildenden gewährt wird, ist die Verkürzung der Ausbildungszeit. Haben Auszubildende bereits eine Lehre oder höhere Schule abgeschlossen, wird ihnen unterstellt, den zu vermittelnden Inhalt in kürzerer Zeit verinnerlichen zu können. Gemäß §8 Abs. I und II des Berufsbildungsgesetzes ist auch eine Verkürzung durch das Absolvieren eines Berufsgrundschuljahres möglich.

Die Verkürzung aufgrund schulischer oder beruflicher Vorleistungen darf maximal zwölf Monate betragen. Es können mehrere Verkürzungsgründe kombiniert werden, wobei die Mindestzeitenregelung eingehalten werden muss. Diese beträgt bei einer zweijährigen Ausbildung zwölf Monate, bei 3 Jahren 18 Monate und reguläre vierjährige Berufsausbildungen müssen mindestens 2 Jahre dauern.

Die Verkürzung muss im individuellen Ausbildungsplan berücksichtigt werden und bedarf bei Vertragsabschluss der Unterschrift des Auszubildenden bzw. dessen gesetzlichen Vertreters sowie des Ausbilders bzw. des Ausbildenden (=Chef).  

Vorzeitige Zulassung zur Abschlussprüfung

Sollten die Gegebenheiten für eine generelle Verkürzung nicht gegeben sein, ist es auch während der Ausbildung unter bestimmten Kriterien gestattet (§45 Abs. I, BBiG), die Abschlussprüfung vorzeitig abzulegen. Der ursprüngliche Ausbildungsvertrag, in dem die Dauer der Ausbildung festgelegt ist, muss nicht separat geändert werden.

Um eine Verkürzung zu ermöglichen, muss lediglich im Ausbildungsvertrag niedergeschrieben sein, dass eine eventuelle Verkürzung infrage kommt. Die Voraussetzungen für die Zulassung einer Verkürzung sind flexibel. Die schulischen und betrieblichen Leistungen des Azubis sollen mit dem schnelleren Erreichen des Ausbildungsziels im Einklang stehen.

Die Chancen, die Abschlussprüfung erfolgreich abzulegen, sollten Sie realistisch mit Ihrem Schützling besprechen, da auch die vorzeitige Teilnahme als einer der drei möglichen Versuche gewertet wird.

Anpassung der Probezeit

Die Probezeit dient den Auszubildenden dazu, ihre Vorstellung bzgl. des Ausbildungsberufes mit der Realität zu vergleichen und die Entscheidung zu überdenken. Auch der Betrieb wirft ein wachsames Auge auf die Einstellung des Lehrlings und die Akzeptanz branchenspezifischer Besonderheiten. Die Probezeit darf höchstens vier Monate andauern.

Durch schulische oder branchenverwandte Vorleistungen können Sie auch bei der Probezeit davon ausgehen, dass der Bewerber weiß, "wie der Hase läuft". Sie haben die Möglichkeit, die Probezeit des Auszubildenden bis auf einen Monat zu verkürzen. Die Verkürzung der Probezeit hat für Sie als Unternehmer lediglich einen indirekten Nutzen. Sie ist exemplarisch anzuraten, wenn Sie sich um einen besonders vielversprechenden Interessenten bemühen.

Achten Sie darauf, dass Sie einen Auszubildenden, der die Probezeit überstanden hat, nur noch aus besonders triftigen Gründen kündigen können. Ihr Auszubildender hat jedoch auch nach der Probezeit das Recht darauf, den Vertrag fristgerecht aufzulösen.

Der Kosten-Nutzen-Faktor

Ohne der Jugend zu nahe treten zu wollen, dürfen Sie davon ausgehen, dass ältere Auszubildende prinzipiell eine kürzere Einarbeitungszeit benötigen und im Normalfall weitere Vorteile mit sich bringen. Führerschein und Volljährigkeit bietet beispielsweise die Möglichkeit, den Azubi an verschiedenen Niederlassungen oder Baustellen einzusetzen, zu denen er selbstständig fahren kann.

Externe Weiterbildungen und Seminare können unproblematisch besucht werden und auch das Selbstvertrauen und somit die Repräsentationsfähigkeiten sind gefestigter. Sie werden jedoch feststellen, dass sich bereits einige Eigenheiten bei Ihrem Azubis festgesetzt haben, und er nicht mehr so leicht zu formen ist, wie ein "unbeschriebenes Blatt".

Darüber hinaus haben ältere Auszubildende auch höhere Lebenserhaltungskosten, die sich häufig in den Gehaltswünschen widerspiegeln. Eine ausführliche Vor- und Nachbereitung des Vorstellungsgesprächs wird notwendig. Die Vorleistungen und die damit verbundenen Vorteile müssen gegen den finanziellen Aspekt ausgewogen werden. Rechnen Sie zudem mit der Option, dass ältere Auszubildende Nebenjobs annehmen möchten, um deren Kostenbedarf zu decken.